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Aromen

24. Januar 2010 Keine Kommentare

Halb im Traum noch, denkst du an eine, die du berührt hast. Im Vorbeigehen gestreift, oder mit Handschlag begrüßt, was auch immer. Und dann an den später wahrgenommenen fremden Geruch an dir. Eine Person hat ihre Aromen hinterlassen. Und nun öffnet sich deine Gefühlswelt und zeigt dir, was du empfindest, für diese Person. Ist der Geruch ein Schlüssel zu warmer Freude und du erinnerst dich nun gerne daran, dieser Person begegnet zu sein? Oder wünschtest du dir, die Person hätte dich lieber nicht berührt, oder sich zumindest gewaschen, vorher.

Dazwischen kann Vieles liegen, aber kaum ein Geruch lässt uns ohne innere Reaktion. Gerüche sind der Schlüssel zur Erinnerung der Gefühle. Besonders fiel mir das auf, als ich begann, Motorrad zu fahren. Ganz im Gegensatz zum Fahren im Auto bekommst du auf dem Motorrad ungefiltert die Aromen deiner Umwelt in die Nase. Du fährst: auf einen blühenden Baum zu, an einem Stoß frisch geschlagenem Holz vorbei, durch ein Bauerndorf, neben einem Fluss, durch eine Industriestraße, vorbei an einer Brauerei,  Sonntagmittag durch die Vorortsiedlung, wo in den Öfen die Braten brutzeln. Jede Gegend, jede Jahreszeit hat ihren Geruch, jeder Geruch ist Schlüssel zu Erinnerungen, du sitzt und fährst und erinnerst dich und eine reiche Folge erinnerter Bilder zieht mit der äußeren in deiner inneren Landschaft vorbei.

Wie stark wirkt auf dich der Geruch eines Tieres, das du magst, einer Landschaft, einer Stadt, einer Lebenszeit, einer Person. Wie tief und komplex sind die Erinnerungen, die der Geruch auslöst. Um so reicher und bildhafter, je stärker deine Gefühle dem Subjekt gegenüber sind.

Wie schade, dass manche Menschen, statt den Aromen ihres Körpers und etwas guter Seife zu vertrauen, sich so stark parfümieren, dass du nach der Begegnung den widerlichen Eindruck mitnimmst, du hättest direkt einen Schluck aus der Parfümflasche genommen. Und es bleibt dir das Gefühl, dass da was verdeckt wurde, dass sich da jemand hinter einem gekauften Geruch versteckt und Angst hat, sich zu offenbaren.

Kein Wunder also, dass das Marketing das für sich entdeckt hat. Hier geht es ja auch sehr, sehr oft um den Wunsch, falsche Tatsachen vorspiegeln zu wollen. Das führt bei mir zu einer Mischung aus Beunruhigung und Belustigung. Ich mag es natürlich nicht, meine Gefühle kontrolliert zugeführt zu bekommen. Aber wie soll das auch funktionieren. Woher sollten die denn wissen, dass ich mich bei einem Geruch von warmem, abgestandenem Brackwasser in Verbindung mit sonnigem Grün wie ein achtjähriger Indianer in seinem Kanu fühle. Oder ein bestimmter Geruch, den nur ein bestimmter Müll in großer Hitze hervorbringt, gemischt mit Leder, Feigen und Pfefferminze, mich direkt in eine marokkanische Medina versetzt.

Da mag ich es also fast lieber, wenn das Geruchsmarketing mit den durchdringenden synthetischen Aromen auf so eine nette, durchschaubare und unbedarfte Art geschieht,  die wenigsten für einen Witz gut ist. Geh im Ikea in Regensburg aufs Klo. Da macht es jede Minute aus einem Aromenspender Pffft und dann regnet eine kleine Wolke Pfirsicharoma auf dich herab.

Ikea Regensburg werde ich also auf immer mit diesem Geruch verbinden: Pfirsich und Pisse. Und bitte, Ikeaner Regensburg: lasst es so.